MacTarbh

Samstag, 28. Februar 2015

Impuls über die Mystikerin Madeleine Delbrêl (1904 - 1964)

Liebe Geschwister,

Thomas und ich waren am 20. Februar 2015 für unsere Gemeinschaft beim Jahrestreffen der Geistlichen Gemeinschaften im Bistum Augsburg.

Nach einer Messe hielt Dr. Michael Lechner, derzeit für ein Jahr kommissarischer Leiter der Abteilung Spirituelle Dienste und somit Nachfolger von Domkapitular Daffner, den ja einige unter uns erlebt haben, einen Vortrag über die französische Mystikerin Madeleine Delbrêl. Da ich mich nicht für berufen genug halte, seinen gesamten Vortrag hier wiederzugeben, möchte ich nur kurz einige Gedanken dazu, die mir persönlich wichtig geworden sind, wiedergeben. Doch vorab ein paar Worte über sie selbst.

Madeleine Delbrêl wurde am 24. Oktober 1904 als Tochter eines einfachen Eisenbahnbeamten geboren. Ihre Mutter, Tochter eines Fabrikbesitzers, entstammte der bürgerlichen Schicht, deren Werte sie auch verkörperte. Bedingt durch den Beruf des Vaters wechselte sie bis zu ihrem 9. Lebensjahr neunmal den Wohnsitz. Dadurch wurde ein regelmäßiger Schulbesuch unmöglich, weshalb sie Privatunterricht erhielt und Begabungen im schriftstellerischen, musikalischen und künstlerischen Bereich entwickelte.

Unter dem Einfluss der schrecklichen Geschehnisse des Ersten Weltkrieges und der atheistischen Freunde ihres Vaters bekannte sie sich bereits mit 16 zum Atheismus. Sie studierte damals bereits an der Sorbonne in Paris Kunst und Philosophie. Hier entsteht in Anlehnung an das berühmte Nietzschezitat folgender Satz: „Gott ist tot. Es lebe der Tod.“ Später schreibt sie über diese Zeit: „Mit 15 war ich strikt atheistisch und fand die Welt täglich absurder.“

An ihrem 19. Geburtstag verlobte sie sich mit Jean Maydieu, der sie jedoch verließ und in das Noviziat bei den Dominikanern eintrat. Gleichzeitig verlor ihr Vater sein Augenlicht. Madeleine geriet in tiefste Depressionen und wurde schwer krank.

In der Verarbeitung der dadurch entstandenen Schmerzen suchte Madeleine nach der tiefsten Quelle der Liebe, die sie in der Beziehung erlebt hatte. Beeindruckt war sie von dem Vertrauen, aus der ihr Ex-Verlobter und seine Mitbrüder lebten. Sie gewann die Überzeugung, dass die Existenz Gottes logischerweise genauso wahrscheinlich sei wie seine Nicht-Existenz. Sie beschloss zu beten und erlebte durch die Begegnungen mit Gott ihre Bekehrung. Sie erwog sogar, in den Orden der Unbeschuhten Karmeliten einzutreten, verwarf dieses Vorhaben jedoch, da sie bei ihrem Vater gebraucht wurde.

In jener Zeit lernte sie Abbé Jacques Lorenzo kennen, die sie unterstützte und ihr vorschlug, sich in ihrer Pfarrei zu engagieren. Dadurch wurde sie Gruppenführerin bei den Pfadfindern. Im Oktober 1931 begann sie eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin, da sie hierbei die Möglichkeit sah, ihren Glauben mitten in der Welt zu leben.

Mit zwei Mitstreiterinnen aus ihrer Pfadfindergruppe kam sie 1933 nach Ivry, um die dortige Sozialstation zu übernehmen. Sie gründeten eine Caritasgruppe, um als Laien nach den Evangelischen Räten zu leben. Durch den Aufschwung in Ivry siedelten sich dort immer mehr Arbeiter an. Schließlich übernahmen die Kommunisten in Ivry als erster französischer Stadt die Regierung. Madeleine überlegte, in die Kommunistische Partei einzutreten. Jedoch hielt sie die Erkenntnis, wie hasserfüllt die Kommunisten mit Andersdenkenden umgingen, davon ab.

Während des Zweiten Weltkriegs engagierte sich Madeleine in einem Priesterseminar, das gegründet worden war, um der zunehmenden Entchristlichung der Bevölkerung und erstarkendem Atheismus entgegenzuwirken.
Nach dem Krieg zog sich Madeleine aus der Öffentlichkeitsarbeit zurück, führte in ihrer Gemeinschaft den Haushalt und kümmerte sich um die Gästebetreuung.

1952 unternahm sie eine Wallfahrt nach Rom, um für die Arbeiter zu beten. In der Zeit von 1954 bis 1958 war Madeleine sehr krank. Dennoch schaffte sie es, in dieser Zeit ihr Buch „Christ in einer marxistischen Stadt“ zu schreiben.

1961 wurde sie von Erzbischof Victor Sartre, Erzbischof von Antananarivo (Madagaskar) gebeten, bei den Vorbereitungen für das Zweite Vaticanum zu helfen. Das Ende des Zweiten Vaticanum sollte sie jedoch nicht mehr erleben; am 13. Oktober1964 stirbt sie an ihrem Schreibtisch an einem Schlaganfall.

Soweit die Kurzbiographie. Doch was macht diese Frau so besonders?

Der Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar sagte über sie, ihre Texte seien „von einer eigentümlichen Dichte, nicht in einem Stück zu lesen.“

Ein anderes Zeugnis über sie sagt interessanterweise: „Sie legt uns das Zeitalter nach dem Konzil aus.“ Interessant deshalb, weil sie bereits 1964, also vor Abschluß des Konzils, verstarb.

Die Schwergewichte ihres Lebens waren Gott, Jesus Christus und die Kirche. Dies wird vor allem aus ihren Worten deutlich.

Einige Kostproben habe ich Euch nun mitgebracht, damit Ihr Euch selbst ein Bild machen könnt.

„In der Taufe hat der Christ seine Freiheit gegen die Freiheit Christi eingetauscht.“

„Wenn Gott überall ist, wie kann es dann sein, dass ich so oft woanders bin?“

Ein besonders schöner Text:
„Geht in euren Tag hinaus
ohne vorgefasste Ideen,
ohne die Erwartung von Müdigkeit,
ohne Plan von Gott,
ohne Bescheidwissen über ihn,
ohne Enthusiasmus,
ohne Bibliothek –
geht so auf die Begegnung mit ihm zu.
Brecht auf ohne Landkarte –
und wisst, dass Gott unterwegs
zu finden ist,
und nicht erst am Ziel.
Versucht nicht,
ihn nach Originalrezepten zu finden,
sondern lasst euch von ihm finden
in der Armut eines banalen Lebens.“

Noch ein wunderbarer Text:

"Der Glaube ist in der Zeit und für die Zeit;
jene Zeit nämlich,
in der sich dieses menschliche Leben abspielt.
Man könnte sagen:
Der Glaube ist die Liebe Gottes,
die sich in diese Zeit einbringt;
der Glaube ist der zeitliche Einsatz
der Liebe Gottes.

Und insofern es sich um unsere Zeit handelt,
so wird der Glaube von uns nur dann kraftvoll gelebt,
wenn er uns erleuchtet und stärkt
im Jetzigen, Augenblicklichen, Unmittelbaren."

Fazit: Bevor ich in Augsburg den Vortrag von Herrn Dr. Lechner gehört habe, ging es mir wie wohl den meisten von Euch. Ich kannte Madeleine Delbrêl dem Namen nach, ohne sie jedoch einordnen zu können. Durch den gehörten Vortrag habe ich großes Interesse und Lust darauf, diese Frau näher kennenzulernen.

Zum Abschluß möchte ich Euch noch mitgeben, wie der Heilige Papst Johannes Paul II. im Jahr 2004 zu französischen Bischöfen über sie sprach.

"Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, zum Schluss unserer Begegnung möchte ich an die bedeutende Persönlichkeit Madeleine Delbrêl erinnern, deren 100. Geburtstag wir feiern. Sie wirkte mit am Missionsprojekt der Kirche in Frankreich im 20. Jahrhundert, besonders an der Gründung der "Mission de France" und ihres Seminars in Lisieux. Ihr leuchtendes Zeugnis möge allen Gläubigen helfen, sich in Gemeinschaft mit ihren Hirten im Alltagsleben und in den unterschiedlichen Kulturen zu verwurzeln, damit es - durch ein Leben im brüderlichen Geiste - von der Neuheit und Kraft des Evangeliums durchdrungen werden kann! Die Gläubigen sollen in ihrem Herzen und Leben das Bewusstsein ihrer Zugehörigkeit zur Kirche wachhalten: " Es ist das Bewusstsein, Glieder der Kirche Jesu Christi zu sein, teilzuhaben am Geheimnis seiner >communio< und an seiner apostolischen und missionarischen Kraft" (Christifideles laici, 64). Dann können sie sich wirklich dem Dienst ihrer Brüder und Schwestern widmen."

Und so wünsche ich uns allen mit den Worten von Madeleine, die man nach ihrem Tod fand, genau dieselbe Hingabe.

„Ich will das, was Du willst. Ohne mich zu fragen, ob ich es kann. Ohne mich zu fragen, ob ich es will.“

Amen.

© Br. Colin MacTarbh MMXV
Es gilt das gesprochene Wort.

Mittwoch, 18. Februar 2015

"Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" (Mk. 1, 15b)

Liebe Brüder und Schwestern!

Mit dem Aschermittwoch beginnen die 40 Tage der Fastenzeit, die schließlich im größten aller kirchlichen Feste, dem Osterfest münden. Die Fastenzeit soll uns als Vorbereitung und Hinführung zu Ostern dienen. Wir erinnern uns auch, dass Jesus vor Beginn seines öffentlichen Wirkens ebenfalls 40 Tage in die Wüste geführt und versucht wurde.

"Kehrt um" oder, wie Luther übersetzte, "tut Buße und glaubt an das Evangelium!" Das Neue Testament wurde bekanntlich in altgriechischer Sprache verfasst. Das dort verwendete Wort für "kehrt um" lautet "metanoeite". Es bedeutet eigentlich soviel wie "denkt um" oder, freier übersetzt, "denkt weiter".

Ich denke, genau das ist es, worum es geht. Wer umdenkt, wird sich irgendwann von falschen Wegen abwenden. So vollzieht sich der Prozess vom (innerlichen) Umdenken zur (auch äußeren) Umkehr. Wir alle sollten uns ständig prüfen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Das kann in jeder Hinsicht sein. Befinde ich mich als Christ noch auf dem richtigen Weg mit Jesus? Tue ich das, was Gott von mir erwartet? Steht mein Handeln noch im Einklang mit meinem Reden? Wie verhalte ich mich gegenüber meinen Mitmenschen, meiner Familie, meinen Freunden?

Später in dieser Perikope, in Vers 17, wird es konkreter: "Kommt her, folgt mir nach!" Wer Jesus begegnet, wird von Gott angesprochen. Wer seinen Ruf hört, muss sich entscheiden!

Lasst uns die 40 Tage zur (Selbst-)Reflexion nutzen! Es lohnt sich! AMEN!

Et pax Dei, quae exsuperat omnem sensum, custodiet corda vestra et intelligentias vestras in Christo Iesu. Amen!

Montag, 9. Februar 2015

"Der Herr denkt an uns, er wird uns segnen." (Ps. 115, 12a)

Liebe Brüder und Schwestern!

Heute verließ ich früher als sonst meine Arbeitsstätte, weil ich ohnehin etwas angegriffen war. Ich wollte es mir daheim gemütlich machen, abends noch schnell etwas einkaufen, um mir dann ein schmackhaftes Essen zuzubereiten. Also fuhr ich mit meinem Auto in meinen Wohnort, um an einer Tankstelle noch schnell den Geldautomaten zu "plündern".

Dann fuhr ich mit meinem Auto in Richtung Autobahn, um Zeit durch einen kleinen "Hüpfer" über die Autobahn einzusparen. Nur ein Rotlicht stoppte mich für kurze Zeit - wie ich dachte. Nachdem die Ampel auf grün umschaltete, gab ich Gas, fuhr über eine kleine, notdürftig geflickte, Fahrbahnunebenheit und dann krachte es auch schon. Die beiden Vorderreifen meines Fahrzeugs standen in entgegengesetzter Richtung voneinander ab. Zudem lief eine erhebliche Menge an Öl aus. Die Folge davon war, dass ich mein Auto abschleppen lassen musste und zudem ein Feuerwehreinsatz zum Abbinden des Öles erforderlich war. Ob und inwieweit das Auto wieder flottgemacht werden kann und was das kostet, kann ich derzeit noch nicht abschätzen. Eine erste vorsichtige Diagnose des herbeigerufenen "Gelben Engels" ergab, dass Antriebswelle und Rad abgerissen sind.

Eigentlich könnte man ja hier nun die Erzählung beenden und vielleicht noch darüber mutmaßen, ob ich mich entweder im Bibelwort vertan habe oder es vielleicht einfach nur abgeschrieben habe, ohne es vorher durchzulesen.

Und doch ist mir, wenn man das konsequent weiterdenkt, heute Abend Segen widerfahren. Die Unfallstelle ist vielleicht 100 Meter von der Autobahnauffahrt entfernt. Unter normalen Umständen wäre ich auf die Autobahn gefahren und hätte mein Fahrzeug auf die dort erlaubten 120 km/h beschleunigt. Wäre das alles bei einer solchen Geschwindigkeit passiert, wäre ich vermutlich nicht unverletzt aus dem Fahrzeug gestiegen, hätte möglicherweise bleibende Schäden davongetragen. Vielleicht wäre ich dabei sogar ums Leben gekommen.

Aber: Ich bin körperlich wohlauf und habe nicht einmal eine Schramme. Für mich bedeutet das, dass Gott an mich gedacht und auf mich aufgepasst hat. Sein Schutzengel stand mir, wie in meinem Leben schon so oft, zur Seite. Es ist ein Segen, dass wir einen so fürsorglichen himmlischen Vater haben. Natürlich ist es für mich zunächst ärgerlich, dass mein Auto hinüber ist und dass ich nicht weiß, ob ich es jemals wieder in Betrieb nehmen kann.

Aber, hey, ich lebe und habe keinerlei körperliche Beeinträchtigungen. Ja, der Herr denkt an uns, er wird uns segnen - und er hat mich heute wieder gesegnet. Amen!

Et pax Dei, quae exsuperat omnem sensum, custodiet corda vestra et intelligentias vestras in Christo Iesu. Amen!